• Home
  • /
  • Afrika
  • /
  • 10 Mal Afrika in 2 Monaten, Teil II, Senegal – Bei den Fischern von Guet Nadar

10 Mal Afrika in 2 Monaten, Teil II, Senegal – Bei den Fischern von Guet Nadar

Auf der Barriere zwischen der eigentlichen Insel St. Louis und dem Atlantik liegt das Viertel der Fischer, Guet Nadar. Ich staune nicht schlecht, als ich am Nachmittag die kurze Strecke ans Meer zurücklege und dort noch viel mehr Pirogen am Strand liegen sehe als im Senegalfluss. In diesem haben sich gegen 16 Uhr unzählige Boote aufgemacht, hinauszufahren aufs Meer, immer mehr Fahrzeuge schnellen unter den Brücken hindurch um sich von an der Mündung des Flusses in die Wellen des Ozeanes treiben zulassen.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Ausfahrt am Nachmittag

Ich bin noch unsicher ob ich überhaupt an diesem total verarmten Ort meine Kamera zücken soll, als mich ein schlanker und großer Mann anspricht. Mein üblicher Einwand, des Französischen nicht mächtig zu sein, fruchtet wenig, er palavert auf Englisch weiter und betont, wie gerne die Senegalesen Angela Merkel mögen. Na, Gott sei Dank, wenigstens hat sie hier noch Freunde. Ich auch, denn mein neuer Freund erklärt mir dieses und jenes, behauptet, die Zahl der Pirogen liege bei 40000, fast möchte ich ihm glauben bei Anblick dieser schlanken Ungetüme, welche die Küste einrahmen möchte ich ihm glauben bei Anblick dieser schlanken Ungetüme, welchen bis zum Horizont. Als er sich verabschiedet, hat er den wirklich nur ganz kleinen Wunsch, ich könne ihm doch etwas Milchpulver kaufen. Na ja, an Angelas großes Herz muss er nicht erst appellieren, ich gehe mit ihm in einen winzigen Laden und natürlich sage ich auch nichts, als er von dem Pulver gleich vier Pakete verlangt. Davon überzeugt, dass ich nun für heute in sein Nachtgebet eingeschlossen werde und er dem Händler gegen Bares später mindestens zwei Pakete wieder zurückbringen wird, verabschieden wir uns wie gute alte Freunde und nun mutig geworden, zücke ich mein kleines Prachtstück und komme zu Bildern, welche ich nie für möglich gehalten hätte.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Frischer Fisch im Senegal

Tote Fische, ganz oder zerstückelt, Obstreste und Holzteile, Plastiktüten und Fischernetze, spielende Kinder und drohende Fußbälle, alles zwischen hunderten von Pirogen. Nach 500 Metern der Pirogerie dann eine alte Halle, davor Rauch, Frauen, Kinder, schwelende Feuer, es riecht nah verbrannter Holzkohle, Fisch und Geräuchertem. Unheimlich ist die einzige Beschreibung, welche mir einfällt, wieder einer meiner Momente wo ich gerne nach Pasolini rufen würde. Hatte ich doch schon geglaubt, Dantes Hölle auf dem Mount Ijen in Indonesien gefunden zu haben, bin ich mir nicht sicher, ob die Hölle hier nicht noch eindringlicher anzutreffen wäre. Gespenstisch sitzen die Frauen um die rußige Ware, wie müssen sie selber riechen, wenn sie abends einkehren in ihre kleinen Hütten oder Buden am Strand oder in den vergammelten Gassen dahinter. Und doch sehen sie stolz, geradezu würdevoll aus in all diesem Elend, dieser Groteske, dieser surrealistischen Welt.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

And they do it every day – Fish is their life

Hinter diesem Grausen liegt der ebenso unglaubliche, traurige Friedhof. Einfachste Holzschilder mahnen den Namen der Toten gegen den abendlichen Himmel, ein Heiligengrab unter Palmen, Dunst hinter den Pinien, wieder so ein unbeschreiblicher Moment. Ich suche mir den Weg zwischen den Gräbern auf die Innenseite der Barriereinsel und staune nicht schlecht, als immer noch bunte und riesige Boote, eines nach dem anderen, dem Meere entgegenschnellen. Eine Regatta wie für einen verstorbenen Fürsten, ein Nosferatu- würdiges Erlebnis, ein Moment wie man ihn nie und nimmer mehr erleben wird. St. Louis, du magst zwar unter einer Zivilisationslawine ersticken, aber du gehörst bei all diesem Elend zu dem Lebendigsten und Malerischsten, was mir je zu sehen vergönnt war!

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Am Ende eines Fischerlebens

 

Leave a Reply